1966 - 1978
| 1966 | Erste Reise nach Moskau, Leningrad und Odessa. Seine Mutter
stirbt noch in diesem Jahr. Er schreibt das Vorwort zum Buch "Siamo italiani. Gespr�che mit italienischen Gastarbeitern" von Alexander J. Seiler. MF bricht damit seinen Vorsatz, sich nicht mehr �ffentlich zur Schweiz zu �ussern: "Ein kleines Herrenvolk sieht sich in Gefahr: man hat Arbeitskr�fte gerufen, und es kommen Menschen." Er wird daraufhin eingeladen, vor der Jahreskonferenz der Vereinigung der kantonalen Fremdenpolizeichefs zum Thema "�berfremdung" zu sprechen. - Mitarbeit am Filmprojekt "Z�rich-Transit", dessen Anstoss aus einer Episode des "Gantenbein"-Romans kam. Regie f�hrt zun�chst Erwin Leiser, sp�ter �bernimmt Bernhard Wicki. Sie brechen die Dreharbeiten allerdings im Dezember ab. Indem MF auf Emil Staigers Dankesrede f�r den Z�rcher Literaturpreis �ffentlich reagiert, akzentuiert er den Z�rcher Literaturstreit. Er st�sst sich an Staigers Formulierung �ber eine "Legion von Dichtern, deren Lebensberuf es ist, im scheusslichen und Gemeinen zu w�hlen. Wenn solche Dichter behaupten, die Kloake sei ein Bild der wahren Welt, Zuh�lter, Dirnen und S�ufer Repr�sentanten der wahren, ungeschminkten Menschheit, so frage ich: In welchen Kreisen verkehren sie?" |
| 1967 | "Biographie: Ein Spiel"; als Gast des tschechoslowakischen Schriftstellerverbandes reist er nach Prag. Der Sammelband "�ffentlichkeit als Partner" erscheint. |
| 1968 | MF und Marianne Oellers heiraten in Berzona. In den folgenden
Jahren leben sie abwechslungsweise in K�snacht/ZH, Berlin, New York und im Tessin. Probleme mit dem Regisseur haben die Urauff�hrung von "Biographie: Ein Spiel" verz�gert. Schliesslich kommt es Anfang des Jahres auf die B�hne, das St�ck, in dem dem Wissenschaftler K�rmann die M�glichkeit gegeben wird, seine Biographie noch einmal neu zu gestalten. Im wesentlichen l�sst K�rmann diese Gelegenheit ungenutzt. Vom Sowjetischen Schriftstellerverband eingeladen, unternimmt MF seine zweite Reise in die Sowjetunion. Am Kongress in Gorki lernt er unter anderen Christa Wolf kennen. W�hrend der Z�rcher Globus-Krawalle meldet sich MF als politischer Kommentator in der "Weltwoche". Seine Ver�ffentlichungen rufen abermals Kritik bei der b�rgerlichen Presse hervor, ein anonymer Autor vergleicht ihn mit seiner "Biedermann"-Figur. MF nimmt auch Stellung zur Niederschlagung des "Prager-Fr�hlings" am 21. August: Die Frage "Was jetzt?" scheint ihm berechtigt, er werde die sozialistische Gesellschaft indes weiter als erstrebenswert erachten. |
| 1969 | Kurze Reise nach Japan. "Dramaturgisches. Ein Briefwechsel mit Walter H�llerer": |
| 1970 | Fr�hling in New York, wo er mit seinem Verleger Siegfried
Unseld bei Sicherheitsberater des Pr�sidenten Nixon, Henry A. Kissinger, im Weissen Haus
eingeladen ist. MF und andere Prominente Mitglieder treten aus dem Schweizerischen Schriftstellerverband aus und gr�nden die "Gruppe Olten". Anlass dazu ist die Arbeit des Verbandspr�sidenten Maurice Zermatten, der das Zivilverteidigungsbuch im Auftrag des Bundes ins Franz�sische �bersetzt. 1969 war dieses an alle Haushaltungen verschickt worden. Die Brosch�re ist das zivile Pendant zum Soldatenbuch, es ist als Mittel der inneren Abwehr, der geistigen Landesverteidigung gedacht. In der franz�sischen Fassung wird die intellektuelle Avantgarde als Verr�ter dargestellt. |
| 1971 | "Wilhelm Tell f�r die Schule" hatte MF f�r sein
Tagebuch geschrieben, es erscheint aber als einzelnen Buch. Bereits in den vierziger
Jahren hatte ihn Brecht aufgemuntert, �ber die Schweiz zu schreiben. Im eigenen Land
reagiert man beleidigt, die NZZ f�hrt gegen die Demontage des Schillerschen Mythos vom
Triumph des Freiheitswillens �ber die Tyrannei sch�rfstes Gesch�tz auf. Er h�lt ein Seminar an der Columbia University �ber "Problems of style and expression". |
| 1972 | Mit dem "Tagebuch 1966 - 1971" erscheinen MF's
Notizen, �berlegungen, Essays zur Politik (Vietnam, Indochina, die Friedens- und die
Studentenbewegung), zu seinen Reisen und zur Idee der "Vereinigung Freitod". Er mietet eine Wohnung in Berlin, wo er die meiste Zeit bis 1979 verbringt. Winter in New York. |
| 1973 | beschliessen Max und Marianne Frisch die r�umliche Trennung.
Marianne: "Ich habe nicht mit dir gelebt als literarisches Material, ich verbiete es,
dass du �ber mich schreibst." In der zeit der Krise schreibt MF das "Berliner
Journal", das erst zwanzig Jahre nach MF's Tod gelesen werden darf. Ingeborg Bachmann stirbt. |
| 1974 | Grosser Schiller-Preis der Schweizerischen Schillerstiftung. Er
spricht �ber "Die Schweiz als Heimat?", �ber Heimat als ein Problem der
Identit�t, und grenzt Chauvinismus ab, der das Gegenteil von Selbstbewusstsein sei. Auch im "Dienstb�chlein" reflektiert er seine Heimatliebe, indem er auf seine Dienstzeit kritisch zur�ckblickt und sich von den "Bl�ttern aus dem Brotsack" distanziert. Zur Entgegennahme der Ehrenmitgliedschaft der "Academy of Arts and Letters" und der "National Institute of Arts and Letters" reist er im April in die USA. Dort trifft er Alice Locke-Cary, seine Betreuerin vom amerikanischen Verlag. Sie verbringen das Wochenende vom 11. Und 12. Mai gemeinsam in Montauk, der n�rdlichen Spitze von Long Island. Abgesehen von einer kurzen Begegnung treffen sie sich erst 1980 wieder und leben eine Zeitlang in Berzona und New York. |
| 1975 | "Montauk. Eine Erz�hlung" ist in Wirklichkeit ein
erster ausdr�cklich autobiografischer Text ("Dies ist ein aufrichtiges Buch,
Leser"); MF versucht sich darzustellen, ohne zu verf�lschen: "Ich habe mich nie
selbst beschrieben. Ich habe mich nur verraten". Erz�hlerisch darin ist die
Beschreibung des Wochenendes n Montauk. Das Erlebnis und die Gespr�che mit Lynn bilden
die Verbindung zwischen seinen Assoziationen und Erinnerungen an Stationen seines Lebens,
Begegnungen, verpasste und verspielte Gelegenheiten, seine Beziehungen und Ehen, seinen
Beruf. Er spricht �ber sich, �ber seinen Umgang und die Unzul�nglichkeiten und St�rken
seines Wesens. Reise nach China als Mitglied der offiziellen Delegation des deutschen Bundeskanzlers Helmut Schmidt. Sein Reisebericht wird zun�chst im "Spiegel" mit dem Titel "Nein, Mao habe ich nicht gesehen" gedruckt. |
| 1976 | erscheinen die Gesammelten Werke in zeitlicher Folge. Friedenspreis des Deutschen Buchhandels: in der Paulskirche Frankfurt h�lt er die Rede: "Wir hoffen". |
| 1977 | Rede vor den Delegierten des SPD-Parteitags: "Die Zukunft geh�rt der Angst". |
| 1978 | "Triptychon. Drei szenische Bilder", das erste Theaterst�ck seit zehn Jahren, erscheint als Buchausgabe. Darin probt MF die M�glichkeit eines Dialogs zwischen Lebenden und Toten, der auf beiden Seiten ein Monolog zu bleiben scheint. Er nimmt das Nachdenken �ber alter, Sterben und Tod, das im zweiten Tagebuch mit der "Vereinigung Freitod" begonnen wurde, wieder auf und spielt drei szenische Versuche �ber seine Todesvorstellung durch. Kongress in Stockholm �ber "Literatur in Verkleidung". |