1932 - 1944

 

1932 Tod des Vaters und Abbruch des Studiums: jetzt stehe ich tats�chlich mittellos in diesem Leben, das ich bis gestern erst aus der Literatur kannte.� MF bewirbt sich als freier Mitarbeiter bei der NZZ mit einer Empfehlung von Robert Faesi, Professor f�r deutsche Literatur an der Uni Z�rich. Der damalige Feuilletonchef Eduard Korrodi f�rdert den jungen Mann. W�hrend MF dem Redaktor gegen�bersitzt, kommt ihm der Gedanke: Und wenn ich Romane schreiben w�rde? Oder Novellen? Oder Kom�dien? Und wenn ich hineingreifen w�rde in diesen Strom von Ideen und Empfindungen ... � MF verl�sst die Redaktion mit dem Auftrag, ein Schaufenster zu beschreiben.

Die Frischs ziehen an die Seestrasse 82 in Z�rich.

1933 Er reist, als Berichterstatter der Eishockeyweltmeisterschaft, zum erstenmal ins Ausland, nach Prag. Von dort aus weiter nach Belgrad, Sarajevo, Dubrovnik, Zargeb, Istanbul, Athen, Korinth, Delphi; zur�ck wieder �ber Dubrovnik, Bari und Rom. Seine Reise dauert ein halbes Jahr statt zwei Wochen. In vielen Zeitungsartikeln, haupts�chlich f�r die NZZ, aber auch f�r die "Schweizer Illustrierte", h�lt er seine Eindr�cke fest.

Zum Geburtstag seiner Mutter kommt er f�r kurze Zeit nach Z�rich. Dass er dann l�nger bleibt, liegt an Kate Rubensohn, einer j�dischen Studentin aus Berlin. Mit ihr entwickelt sich seine erste ernsthafte Liebesbeziehung. Umzug an die Sempacherstrasse 71 in Z�rich.

1934 Der erste Roman: "J�rg Reinhart. Eine sommerliche Schicksalsfahrt", verlegt bei der Deutschen Verlagsanstalt Stuttgart. Der Held, ein junger Journalist auf der Reise, verwickelt sich in ernste Liebesaff�ren. Der Hintergrund zu "J�rg Reinhart" sind die Erfahrungen des Autors, der sich in Dubrovnik in die Tochter der Pensionsleiterin verliebt hatte. W�hrend seines Abstechers nach Istanbul stirbt sie. Die Liebesgeschichte in seinem Roman m�ndet in einen Diskurs �ber Sterbehilfe.
1935 Erste Reise nach Deutschland. In der NZZ erscheint ein "Kleines Tagebuch einer deutschen Reise� in drei Folgen. MF geht darin der Frage nach, ob der Begriff der deutschen Kultur angesichts der bedrohlichen 'politischen Lage im Deutschen Reich noch G�ltigkeit hat. Zuweilen begleitet ihn K�te nach Deutschland; die Rassenideologie scheint MF fast mehr zu schmerzen als sie, und K�te m�chte nicht, dass er schlecht �ber Deutschland denkt.

Das "Tagebuch eines Soldaten�, in der NZZ in drei Folgen abgedruckt, hat MF nach einem milit�rischen Wiederholungskurs geschrieben. Noch liegt seine kritische Publizistik im Einklang mit dem offiziell nach aussen vertretenen Bild der Schweiz, was sich sp�testens mit der Ver�ffentlichung seines "Dienstb�chleins" �ndern wird. Anderen wird bereits in den dreissiger Jahren das Wort abgeschnitten: Die schweizerische Bundesanwaltschaft verbietet 1936 dem Schauspieleremigranten Wolfgang Langhoff, Vortr�ge �ber seine Erlebnisse in Dachau zu halten; ein unter Pseudonym erscheinendes Buch dar�ber wird verboten; 1937 wird C.F. Ramunz zurechtgewiesen, als er an der Identit�t der Schweiz zu zweifeln wagt.

1936 Die geplante Hochzeit mit K�te kommt nicht zustande: "Du bist bereit, mich zu heiraten, nur weil ich J�din bin, nicht aus Liebe." K�te zieht nach Basel.

MF m�chte einen "weltgerechten Beruf" erlernen. Etwas "Richtiges", zumal sich der literarische Journalismus f�r ihn ersch�pft zu haben scheint. Mit 25 liest er Keller, "der beste Vater, den ich jemals hatte"-, liest er den "Gr�nen Heinrich"; die Vorstellung eines gescheiterten Lebens ersch�ttert ihn zutiefst. Er immatrikuliert an der ETH Z�rich, Abteilung f�r Architektur, mit 4000 Franken im Jahr finanziert ihm W. das Studium. �Wieso gerade Architekt? Der Vater ist Architekt gewesen (ohne Diplom); das durchsichtige Pauspapier, die Reissschiene, die wippen kann, das Meterband als verbotenes Spielzeug. Ich zeichne exakter, als ich vordem geschrieben habe. Als Zeichner von Werkpl�nen komme ich mir �brigens m�nnlicher vor." Er studiert zur Hauptsache bei den Professoren Salvisberg und Dunkel.

1937 "Antwort aus der Stille. Eine Erz�hlung aus den Bergen" erscheint, wiederum bei der Deutschen Verlags-Anstalt. Es ist die Geschichte eines Lehrers mit der unbestimmten Sehnsucht nach dem "Ungew�hnlichen".

Trotz den zwei publizierten B�chern bleiben die Zweifel an seiner schriftstellerischen T�tigkeit bestehen: "Einmal [nach MF 1937] wurde alles Geschriebene zusammengeschn�rt, inbegriffen die Tageb�cher, und alles dem Feuer �bergeben. Ich musste zweimal in den Wald hinaufgehen, so viele B�ndel gab es, und es war, ich erinnere mich, ein regnerischer Tag, wo das Feuer immer wieder in der N�sse Erstickte, ich brauchte eine ganze Schachtel voll Streichh�lzer, bis ich mit dem Gef�hl der Erleichterung, auch der Leere weitergehen konnte. Das heimliche Gel�bde, nicht mehr zu schreiben, wurde zwei Jahre lang nicht ernstlich verletzt; erst am Tag der Mobilmachung..."

1938 Nach diesem Gel�bde erh�lt MF den Conrad-Ferdinand-Meyer-Preis der Stadt Z�rich.
1939 Am 1. September �berf�llt die deutsche Wehrmacht Polen. Am gleichen Tag beginnt f�r MG der aktive Dienst als Kanonier. In der �berzeugung, vom Krieg nicht verschont zu werden, nicht zur�ckzukehren, beginnt er am Tagebuch. Bis 1945 leistet er, mit Unterbr�chen, 650 Diensttage.
1940 Die Buchversion des "Tagebuches" erscheint im Atlantis-Verlag unter dem Titel "Bl�tter aus dem Brotsack". Darin beschreibt er auch den 14. Mai, den Tag als man auf den deutschen �berfall wartet. Seine Einheit richtet sich in der Klosterschule Muri ein, und ihr Kommandant soll laut Lt. Beglinger seine Leute aufgefordert haben, "mit dem Leben abzurechnen und f�rs Vaterland zu sterben".

W�hrend eines Urlaubs erwirbt MF das Diplom als Architekt. Er bespricht f�r die NZZ den "Pfannenstiel", den sp�ten Roman des von ihm verehrten Albin Zollinger (1895 – 1941). Pers�nlich kennt ihn MF noch nicht. Zeichen seiner Wertsch�tzung f�r Zollinger ist auch MF's Aussage, der Name "Bin" seiner sp�teren Erz�hlung komme von "Albin".

1941 bezieht er seine Junggesellenwohnung an der Witikonerstrasse 482 in Z�rich.

Erste feste Anstellung bei Prof. Dunkel. "Ich bin dreissig und habe endlich einen Brotberuf, ein Diplom, ich bin dankbar, dass ich eine Stelle habe: acht bis zw�lf und eins bis f�nf. Ich kann heiraten." Heiraten m�chte er die Architektin Gertrud Anna Constance von Meyenburg, eine Tochter aus grossb�rgerlichem Haus, die er w�hrend des ETH-Studiums kennengelernt hat. Zusammen entwerfen sie ein Einfamilienhaus in Arlesheim f�r MF's Bruder: "Je simpler mein Plan, um so besser w�re es. Statt dessen will ich Einf�lle zeigen, und es wird ein dummes Haus, aber es wird gebaut." 1959 baut MF ein zweites Mal f�r ihn, in Porza, Tessin ("das zweite Haus ist wenigstens vern�nftig, es steht richtig im Gel�nde und macht keine Faxen").

Bei einem Spaziergang auf dem Pfannenstiel mit Constance – sie soll die Landschaft kennenlernen, die Zollinger beschreibt – kommt es zur ersten und einzigen Begegnung mit Albin Zollinger selber: "Ich erkannte ihn freilich bald, z�gerte lang, ihn anzusprechen, in der Angst, man h�tte sich nichts zu sagen. Die Herzlichkeit seiner Begr�ssung, auch seinerseits ein Gef�hl von der Liebensw�rdigkeit des Zufalles, dass man sich gerade hier zum ersten Mal begegnet, ergibt alles weitere." Drei Wochen sp�ter schreibt MF in der "Neuen Schweizerischen Rundschau" den Nachruf "Albin Zollinger. Zu seinem Ged�chtnis."

1942 heiraten MF und Constance. Das junge Paar wohnt an der Zollikerstrasse 265 in Z�rich. "Ich habe damals versucht, an die B�rgerlichkeit zu glauben und eifrig zu sein als B�rger." Seine b�rgerliche Karriere l�sst sich gut an: Unter 82 Konkurrenten gewinnt MF den Architekturwettbewerb f�r den Bau der st�dtischen Badeanlage Letzigraben. Mit diesem Projekt im R�cken kann er sich selbst�ndig machen.
1943 Im B�ro gibt es wenig zu tun, das Baumaterial ist knapp, und mit dem Freibad kann noch nicht begonnen werden. MF schreibt; Martin H�rlimann, Atlantis Verlag, verlegt "Die Schwierigen oder j'adore ce qui me br�le". Der Roman beginnt mit einem �berarbeiteten Auszug aus "J�rg Reinhart" (Dieser war in der Schweiz nicht mehr erh�ltlich); Thema ist das, was MF nun besch�ftigt, beunruhigt: der Widerspruch zwischen b�rgerlicher und k�nstlerischer Existenz.

Kurt Hirschfeld, damals Dramaturg, sp�ter Direktor des Z�rcher Schauspielhauses, liest den Roman und soll MF auf der R�mistrasse angesprochen haben: "Schreiben Sie Theaterst�cke! Ich f�hre sie auf!" Die Ermunterung hilft: "Ich beginne zu dieser Zeit nicht vollbesch�ftigt, wieder zu schreiben: Theater, damit sich etwas verk�rperlicht. Schreiben am Feierabend. Ich will nicht ertappt werden dabei, dass ich im B�ro etwas anderes treiben; nur f�r dringliche Einf�lle liegt ein Zettel unter meinem Reissbrett. In f�nf Wochen das erste St�ck, das zweite St�ck in drei Wochen; das Schauspielhaus Z�rich f�hrt sie auf, es entgeht der Baubeh�rde nicht, dass ich also dichte."

Die erste Tochter, Ursula, wird geboren.

1944 Geburt des zweiten Kindes, Hans Peter. MF als Vater: "die schlichte Nachricht, dass ein Kind gezeugt worden ist, hat mich gefreut: der Frau zuliebe". MF arbeitet an "Santa Cruz" und "Bin oder die Reise nach Peking".