1911 - 1931

1911 Irgendwann im neunzehnten Jahrhundert, so zur Zeit des reifen Gottfried Keller, trat �ber die schweizerisch�sterreichische Grenze ein junger Geselle, Sattler von Beruf, um hier zu arbeiten. Er heiratete eine Tochter aus dem Kleinb�rgertum, N�geli mit Namen, in Z�rich, und machte Kinder, S�hne, die sich einb�rgerten, einer davon wurde Architekt. Ungef�hr zur selben Zeit, die eine grosse Zeit f�r die Schweiz war, kam ein anderer aus W�rttemberg, Sohn eines B�ckemeisters, auch einer, der dann nicht mehr ging, der sich einb�rgerte und eine Baslerin heiratete, Schulthess mit Namen, er wurde Maler und Kunstlehrer in Z�rich und machte ebenfalls Kinder, aber T�chter. Sp�ter dann, kurz nach der Jahrhundertwende, heirateten eine dieser Basel- T�chter und einer jener Z�richs�hne und das gab wieder Kinder, S�hne - einer davon bin ich....

Geboren ist MF am15. Mai in Z�rich. Er hat zwei �ltere Geschwister: seine Halbschwester Emma Elisabeth, 12, und Franz Bruno, 8. Emmas Mutter, die erste Frau seines Vaters, war kurz nach der Geburt gestorben. 1902 heirateten der Architekt Franz Bruno Frisch und Karolina Betty Wildermuth, die als Kinderf�ulein in Odessa gearbeitet hatte.

Die Frisch wohnen an der Hottingerstrasse 31, Z�rich. Max Frisch erste Heimat ist das Quartier, wo er in der Metzgerei Fliegen fangen darf f�r seinen Laubfrosch; wo sein erstes Schulhaus steht; wo er Mutproben in der Kanalisation bestehen muss.

1924 tritt MF ins kantonale Realgymnasium Z�richberg ein und trifft dort W., der sein wichtigster Jugendfreund wird. Werner Coninx ist der Sohn einer sehr wohlhabenden Familie, das erste reiche Haus, das MF kennenlernt. Seine eigenen Eltern haben mit finanziellen Schwierigkeiten zu k�mpfen; die Mutter f�rchtet sich vor der Pf�ndung. W. und MF wandern, fahren Ski, spielen Tennis.

Durch W. tun sich MF neue Welten auf. Musik, Philosophie und Literatur; hier werden sich sp�ter Differenzen ergeben: W. kann sich mit Frische Literatur, vor allem mit deren politischen Aspekten, nicht anfreunden. Als Sch�ler ist MF kein eifriger Leser; nach eigenen Angaben beschr�nkt sich seine Jugendlekt�re auf zwei B�cher: "Don Quixote"- und "Onkel Toms H�tte". Fussball und Theater, was sich gegenseitig nicht ausschliesse, begeistern ihn mehr. Eine Auff�hrung der "R�uber" fasziniert ihn derart, dass er sich fragt, warum Leute mit gen�gend Taschengeld und ohne Hausaufgaben nicht jeden Abend im Theater verbringen. "Das hiess ja nicht mehr und nicht weniger, als dass man auch heutzutage St�cke schreiben k�nnte."

1927 schickt er also sein erstes Theaterst�ck, "Stahl", ans Deutsche Theater Berlin zu Max Reinhardt. Im R�ckblick will MF nur noch wissen, dass eine Szene auf dem Dach eines Hochhauses spielte. �Stahl� wird ihm zur�ckgeschickt mit der Aufmunterung, weitere Werke zu zeigen. Er schreibt noch drei, vier St�cke, darunter eine Kom�die �ber die Ehe (MF ist sechzehn) und eine Farce �ber die Eroberung des Mondes.
1930 Matura. "Es ist der Ehrgeiz von Vater und Mutter, dass wir Akademiker werden, Studium nach eigener Wahl. So werde ich Student der Germanistik."
1931 Rekrutenschule in Thun. MFs Ambitionen liegen in der Dichtung; er lehnt es ab, Offizier zu werden, und schreibt sich im Wintersemester an der Universit�t Z�rich ein: �Ich erinnere mich an zwei sonderbare Jahre, die ich in den H�rs�len, fast ebenso angeregt in den G�ngen verbrachte, immer erwartungsvoll, einsam, voreilig im Urteil, unsicher, meistens in eine heimliche Liebe verstrickt, wovon die Geliebte nichts wusste.- An der Uni lernt er Emil Staiger, den Freund und sp�teren Gegner im Z�rcher Literaturstreit (1966), kennen.

Am 27. Mai erscheint in der "Neuen Z�rcher Zeitung� die Besprechung einer Theaterkunstausstellung im damaligen Kunstgewerbemuseum mit dem Titel Mimische Partitur?�, die erste Ver�ffentlichung von MF. Die mimische Partitur sollte die Gestik der Schauspieler festlegen k�nnen, wie Noten f�r Musik.